Das repräsentative Bankhaus am Kohlmarkt, in dem sich heute die Deutsche Bank befindet, wurde 1909/10 für die Commerz-Bank in Lübeck (seit 1940 Handelsbank in Lübeck) erbaut. Nachdem der alte Sitz der Commerz-Bank in Lübeck an der Ecke Breite Straße/Johannisstraße zu klein geworden war, erwarb die Bank im Jahr 1908 die Grundstücke 7 bis 11 am Kohlmarkt und schrieb einen Architekturwettbewerb aus. Die Berliner Architekten Richard Bielenberg und Josef Moser, die dann mit dem Neubau betraut wurden, orientierten sich in ihrem Entwurf an stilistischen Elementen der Lübecker Backstein-Renaissance. Damit handelten sie im Sinne der sogenannten Heimatschutzarchitektur, die seit etwa 1904 in Deutschland als Fortführung des Historismus mit regionaltypischen Stilelementen und Baumaterialien populär war. Das benachbarte Renaissance-Giebelhaus am Kohlmarkt 13 (um 1580 errichtet, 1942 teilweise zerstört, 1959 abgerissen) diente den Architekten in seinen Proportionen und seiner Giebelform als direkte Vorlage. Das Bankhaus wurde als Backsteingebäude mit drei Kalkstein-Giebeln errichtet. Der Mittelgiebel erhielt unterhalb des dreieckigen Tympanonfeldes einen Figurenschmuck, welcher die fünf Kontinente Europa, Australien, Amerika, Afrika und Asien repräsentieren soll. Dem weichen Muschelkalkstein haben sowohl Kriegseinwirkungen als auch Umwelteinflüsse über die Jahrzehnte so zugesetzt, dass die Skulpturen in ihrer ursprünglichen Ausführung heute nur noch fragmentarisch erhalten sind.
Die Figurenreihe beginnt links mit der Personifikation Europas. Sie ist dargestellt als junger Mann mit mittelalterlich anmutender Pagenfrisur. Durch mehrere große Bücher, die rechts hinter ihm aufgestapelt sind, sowie den Äskulabstab zu seiner Linken – ein von einer Schlange umwundener Stab, er beruht auf der Darstellung von Äskulap, des Gottes der Heilkunst in der griechischen Antike, und ist seither als Attribut der Ärzte und Apotheker gebräuchlich – ist er als Arzt erkennbar. Die nächste Figur repräsentiert Australien. Gestaltet ist sie als männliche Figur mit vorgewölbtem Bauch, Lendenschurz und Muschelkette, die nur durch den Bumerang, den sie in der rechten Hand vor sich hält, als australischer Ureinwohner erkennbar wird. Die beiden amerikanischen Kontinente werden durch die Figur einer nordamerikanischen Indianers in der Mitte dargestellt. Bekleidet mit einer weiten Hose, die langen Haare hochgebunden, hält er ein Lasso in der linken Hand, während er mit der inzwischen verlorenen rechten Hand ursprünglich die Augen abschirmte, um aufmerksam in die Ferne zu blicken. Ein bärtiger Mann, bekleidet mit einem Lendenschurz, verkörpert als nächster in der Reihe den Kontinent Afrika. Er stützt sich schwer auf einen Hirtenstab und trägt eine Kopfbedeckung in der Art einer sogenannten Kufiya. Die Figur ganz rechts schließlich ist in ein weites, fließendes Gewand gehüllt und trägt ein Gefäß in ihren Händen. Eine chinesische Kopfbedeckung weist sie als Personifikation Asiens aus. Die personifizierte Darstellung von Kontinenten kam in der bildenden Kunst im späten 16. Jahrhundert auf. Die Figuren am Firmensitz der Commerz-Bank in Lübeck sollten wohl die Internationalität von deren Handelsbeziehungen ausdrücken.