In der Mittelachse der Fassade des Hauses Nr. 26 in der Großen Burgstraße, unterhalb des Kaffgesims, steht eine kleine, farbig gefasste Figur. Es ist eine knabenhaft anmutende Justitia mit Schwert, Waage und einem um die Hüften drapierten Tuch. Sie steht vor einer Rundbogennische, die von Voluten in Form stilisierter Pflanzen gerahmt wird. Eine gestufte Konsole mit geschweiftem Unterbau bildet den unteren Abschluss. Dort steht auch die Jahreszahl „1636“, das Jahr in dem offenbar die Nische in die Fassade eingefügt wurde. Die Skulptur hingegen stammt aus einem anderen, noch ungeklärten Zusammenhang und war ursprünglich nicht für diesen Standort vorgesehen. So erklärt sich auch das ungewöhnliche Größenverhältnis, denn die Skulptur ist größer als ihre Nische und muss deshalb vor dem Rundbogen stehen. Die Justitia gehört stilistisch der Spätrenaissance an, ikonografisch bleibt sie aber noch dem Mittelalter verpflichtet. So ist die kleine Figur mit den traditionellen mittelalterlichen Attributen dargestellt. Die Waage symbolisiert das gewissenhafte Abwägen des Falles und das Schwert die daraus folgende – nötigenfalls strenge – Rechtsprechung. Entgegen des neuen Zeitgeistes verzichtet der Künstler aber auf eine Augenbinde, dabei ist sie bereits seit etwa 1520 das Zeichen der Unparteilichkeit.