(* 1913 Werdum / Posen, † 2006 Lübeck)
Die Material- und Technik-Experimente von zahlreichen Künstlern in den 1950er und 60er Jahren führten nicht nur zur Wiederentdeckung traditioneller Handwerkstechniken, sondern auch zur Verwendung neuer, moderner Werkstoffe, die zuvor nicht für die Gestaltung von Kunstwerken eingesetzt wurden.
Resopal ist ein Schichtstoff, der aus mehreren Lagen Papier und dem Bindemittel Harz unter Einsatz von großem Druck und Hitze zu Platten gepresst wird, das Patent dafür besteht seit 1930. Wegen ihrer außergewöhnlich harten, kratzfesten und porenlosen Oberflächen, die gut zu reinigen sind, werden diese Schichtplatten bis heute für stark beanspruchte Arbeitsflächen, Innenraumverkleidungen, Bodenbeläge und Möbeloberflächen genutzt. Besonders populär war Resopal jedoch in den 1950er Jahren.
Das Aussehen der Platten kann individuell bestimmt werden, indem die oberste eingearbeitete Schicht gefärbt oder bedruckt wird. Daher wurde das Material auch für die künstlerische Nutzung interessant. Für das Resopal-Unterdruckverfahren wird spezielles Papier bemalt oder als Scherenschnitt bearbeitet und anschließend innerhalb des üblichen Herstellungsprozesses in die Platte eingebettet.
Gertraud Boelter-Evers nutzte dieses Verfahren für ihre Wandarbeit, die den Eingang des Musikraumes kennzeichnet. Über einem asymmetrischen Untergrund aus Farbflächen heben sich die weißen Silhouetten von fünf stilisierten Musikinstrumenten ab.
Die Familie der 1913 in Posen geborenen Gertraud Boelter wurde nach dem Ersten Weltkrieg von dort vertrieben und siedelte sich in Wanne-Eikel im Ruhrgebiet an. Nach dem Abitur 1933 bewarb sich Boelter mit Erfolg um einen Studienplatz bei den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin. Sie studierte Gebrauchsgrafik bei Ernst Böhm und O.H.W. Hadank, nebenbei war sie als Werkstudentin tätig. Nach dem Studium arbeitete Boelter für das Berliner Warenhaus Wertheim und für einen Verlag, zudem lieferte sie Zeichnungen für die Presse. Mitte der 1940er Jahre zog sie nach Lübeck um, wo sie ihren späteren Ehemann, den Grafiker Werner Evers, kennenlernte. Die beiden begannen in einem gemeinsamen Atelier freischaffend zu arbeiten, 1946 gehörten sie zu den Gründungsmitgliedern der Gemeinschaft Lübecker Maler und Bildhauer. Neben ihrer vielfältigen Tätigkeit als Gebrauchsgrafikerin unterrichtete Boelter-Evers an einem Gymnasium und einer Berufsschule und gab Zeichenkurse an der Volkshochschule. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Gruppenausstellungen gezeigt, rund 20 Werke entstanden als „Kunst am Bau“ in Lübeck und anderen norddeutschen Städten.
Kurt Mai, Bauen in Lübeck. Städtische Hochbauten und Kunst am Bau 1949-1969, Lübeck 1999.