(* 1913 Werdum / Posen, † 2006 Lübeck)
Gertraud Boelter-Evers verwendete für ihre Fassadenarbeit die geometrischen Formen von Kreissegmenten, Dreiecken und schmalen Rechtecken. Damit ergibt sich eine Gemeinsamkeit mit dem Betonrelief von Franz Reckert an der Aula derselben Schule, doch fand Boelter-Evers mit ihrem Material, glasierter Keramik, zu einer ganz anderen künstlerischen Aussage. Ihre Keramikplatten bleiben auf eine einheitliche Fläche beschränkt, sind jedoch gegeneinander versetzt angeordnet, so dass das Werk eine unregelmäßige Silhouette aufweist. Ihren frischen, lebendigen Charakter erhält die Arbeit durch die zarten, leicht changierend aufgetragenen Glasurfarben in Blau, Rosé, Weiß und Braun.
Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler wendeten sich in den 1950er und 60er Jahren althergebrachten Materialien und Handwerkstechniken zu und interpretierten sie neu - beispielsweise den Werkstoff Keramik, der gerne für Wandarbeiten im Innen- und Außenraum verwendet wurde. Gertraud Boelter-Evers gehörte gemeinsam mit ihrem Mann Werner Evers zu den Kunstschaffenden Lübecks, die zahlreiche öffentliche Gebäude der Stadt, insbesondere Schulbauten, mit ihren figürlichen und abstrakten Keramikarbeiten schmückten.
Die Familie der 1913 in Posen geborenen Gertraud Boelter wurde nach dem Ersten Weltkrieg von dort vertrieben und siedelte sich in Wanne-Eikel im Ruhrgebiet an. Nach dem Abitur 1933 bewarb sich Boelter mit Erfolg um einen Studienplatz bei den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin. Sie studierte Gebrauchsgrafik bei Ernst Böhm und O.H.W. Hadank, nebenbei war sie als Werkstudentin tätig. Nach dem Studium arbeitete Boelter für das Berliner Warenhaus Wertheim und für einen Verlag, zudem lieferte sie Zeichnungen für die Presse. Mitte der 1940er Jahre zog sie nach Lübeck um, wo sie ihren späteren Ehemann, den Grafiker Werner Evers, kennenlernte. Die beiden begannen in einem gemeinsamen Atelier freischaffend zu arbeiten, 1946 gehörten sie zu den Gründungsmitgliedern der Gemeinschaft Lübecker Maler und Bildhauer. Neben ihrer vielfältigen Tätigkeit als Gebrauchsgrafikerin unterrichtete Boelter-Evers an einem Gymnasium und einer Berufsschule und gab Zeichenkurse an der Volkshochschule. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Gruppenausstellungen gezeigt, rund 20 Werke entstanden als „Kunst am Bau“ in Lübeck und anderen norddeutschen Städten.
Kurt Mai, Bauen in Lübeck. Städtische Hochbauten und Kunst am Bau 1949-1969, Lübeck 1999.