Künstler:in
Otto Mantzel
(* 1882 Zarrentin bei Schwerin, † 1968 Lübeck)
Titel
Rathaus, Kämpferreliefs – Rekonstruktionen
Datierung
1930
Technik
Kalksandstein, freie Rekonstruktionen nach den Originalen, heute im Museumsquartier St. Annen
Beschreibung

Das Rathaus und das Kanzleigebäude an der Breiten Straße sind durch einen geschlossenen Gang miteinander verbunden, der über einen Bogendurchgang zwischen Marienkirchhof und Breiter Straße führt. Die Kämpfer dieses Bogens, d.h. die kleinen Konsolen an den Bogenansätzen, sind mit figürlichen Reliefs geschmückt. Da die stark verwitterten Originalreliefs seit langem im St. Annen-Museum bewahrt werden, fertigte der Bildhauer Otto Mantzel im Jahr 1930 Rekonstruktionen an, die sich frei an die ursprünglichen Motive anlehnen.

 

Der Kämpfer auf der Seite des Rathauses zeigt in einem beinahe vollplastisch ausgearbeiteten Relief das sogenannte „Strebkatzenziehen“, einem im 15. und 16. Jahrhundert in Deutschland und Skandinavien beliebten Volkssport. Dabei knien sich zwei Männer gegenüber, deren Köpfe durch ein um den Nacken gelegtes Seil miteinander verbunden sind. Beide Kontrahenten halten mit ihren Zähnen jeweils einen hölzernen Knebel fest, der in den Strängen des Seils verankert ist, und versuchen, den Gegner über ein Feuer zu ziehen, das zwischen ihnen brennt. Da das Rathaus in der frühen Neuzeit zugleich Gerichtssitz war, verweist das Abbild dieses archaischen Kräftemessens auf die juristischen Streitfälle, die hier ehemals verhandelt wurden. Andere bildliche Darstellungen des Strebkatzenziehens finden sich beispielsweise in Hannover (Altes Rathaus), Lüneburg (Beischlagwangen der Rathauslaube) und Braunschweig (Steinstraße 3, hier in der Variante des „Luderziehens“).

 

An dem Kämpfer auf der Seite des Kanzleigebäudes ist ein Relief zu sehen, das zwei Hunde zeigt, die sich um einen Knochen streiten. Links neben dieser Darstellung ist der Kopf eines Anwalts, rechts der eines Narren wiedergegeben. Auch in diesem Fall kommentiert das Motiv in amüsanter Weise die hier ausgetragenen Streithändel der Lübecker Bevölkerung. Rechts neben dem Narrenkopf ist das Monogramm des Künstlers Otto Mantzel zu erkennen, der die Reliefs in einer kantig-vereinfachten, expressionistischen Bildsprache ausführte.

Biografie

Seine künstlerische Ausbildung erhielt der aus Zarrentin stammende Otto Mantzel an der Lübecker Kunstschule von Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg. Ab 1917 war Mantzel Bürger der Stadt Lübeck und unterhielt in der Kleinen Burgstraße ein Atelier. Er firmierte als Stein-, Stuck- und Holzbildhauer und bildete auch Lehrlinge aus, unter ihnen Erich Prüßing von 1926 bis 1930. Ab Ende der 1920er Jahre schuf Mantzel Werke für den öffentlichen Lübecker Stadtraum und arbeitet auch als Restaurator.

Kategorie
Bauplastik/-skulptur
Standort
Breite Straße 64, Durchgang zum Marienkirchhof zwischen Rathaus und Kanzleigebäude
Literatur
Peter W. Kallen, Skulptur am Bau in der Lübecker Altstadt, Lübeck 1990.

Bilder