(* 1939 Delmenhorst, † 2013 Hamburg)
Bei der Gestaltung der Sitzenden weiblichen Gewandfigur ließ sich Klaus Kütemeier von der altägyptischen Darstellungsform der Sitzfigur inspirieren. Dieser antike Darstellungstypus zeigte den Menschen auf einer hohen blockhaften Sitzgelegenheit thronend, in einer streng ausgerichteten, aufrechten Position, die Füße parallel nebeneinander gestellt, die Knie im rechten Winkel gebeugt, die Arme und Hände sorgfältig platziert.
Kütemeier übernahm davon vereinzelte Elemente wie den Sitzblock und die Position der Beine. Das titelgebende Gewand ist lediglich andeutungsweise in dem halbkreisförmigen Halsausschnitt und unterhalb der gewinkelten Knie zu erahnen, darüber hinaus sind die Körperformen detailliert als Akt ausgeführt. Eine sehr ähnliche, wenn auch stärker idealisierte und damit der antiken Darstellungsweise näherstehende Gestaltung wählte der Künstler übrigens auch für die 1988-1994 entstandene Sitzende weibliche Gewandfigur, die sich im Skulpturenpark von Schloss Gottorf befindet.
Die im Kolosseum aufgestellte Skulptur präsentiert sich jedoch nicht als stolze, erhabene Gestalt wie ihre ägyptischen Vorbilder. Die dargestellte Frau ist in einer entspannten und natürlichen Körperhaltung wiedergegeben, der etwas zusammengesunkene Oberkörper mit gerundetem Rücken und leicht gesenktem Kopf vermittelt den Eindruck einer nachdenklichen, ihrer Situation ergebenen Wartenden. In ihrer Stille und Zurückgezogenheit besitzt die Figur eine zutiefst menschliche Ausstrahlung, die berührt und Anteil nehmen lässt.
Klaus Kütemeier wuchs in Lübeck auf und studierte von 1960 bis 1966 bei Gustav Seitz an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Schon während seines Studiums entdeckte Kütemeier die klassische Steinbildhauerei für sich; die Arbeit mit harten Steinsorten ohne maschinelle Hilfsmittel behielt er zeitlebens bei. 1964 erhielt er ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes, ab 1966 arbeitete er als freier Bildhauer in Hamburg. Neben seinen Steinskulpturen, die mit ihren vollkommen glatt polierten Oberflächen keine Spuren des Werkprozesses aufweisen, schuf Kütemeier auch Bronzeplastiken, bei denen er die Modellierarbeit an dem zugrundeliegenden Tonmodell sichtbar beließ. Thematisch konzentrierte sich der Künstler auf die menschliche Figur in klassischer statuarischer Haltung, die an antike ägyptische oder griechische Vorbilder denken lässt, daneben entstanden jedoch auch surreal anmutende zeichenhafte Figuren. Im Jahr 2000 wurde er mit dem Ernst-Rietschel-Kunstpreis für Bildhauerei in Dresden ausgezeichnet, 2010 widmete das Landesmuseum Schloss Gottorf dem Künstler eine umfangreiche Retrospektive. 2013 starb Klaus Kütemeier in Hamburg. Zahlreiche seiner Skulpturen befinden sich im öffentlichen Raum in Norddeutschland.
Brigitte Heise, Zum Tod des Bildhauers Klaus Kütemeier, in: Lübeckische Blätter, 14, 2013, S. 245f.